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Praxis

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Druckluft

Von Christina Büttner
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Experteninterview: Ist Ihre Druckluftanlage bereit für den Klimawandel?

Kaum eine Woche vergeht, ohne dass in den Medien über Auswirkungen des Klimawandels berichtet wird. Mal sind es starke Regenfälle, die für Überschwemmungen und Überflutungen sorgen, mal ist es der deutlich sichtbare Sahara-Staub, der die Autos in Mitleidenschaft zieht oder das wissenschaftlich nachgewiesene Abschmelzen der Gletscher und Polkappen. Inwiefern wirken sich diese Beobachtungen und Phänomene auf die Drucklufterzeugung und -aufbereitung aus? Gibt es hier etwas, was man unbedingt beachten sollte? Genau zu diesem Thema unterhält sich Christina Büttner aus der Redaktion mit Oliver Kiehn, Key Account Manager Nord und Wolfgang Dames, Verkaufsleiter DACH Region Nord/West.

  • Herr Kiehn, welche konkreten Auswirkungen haben Sie in den letzten Jahren während der Sommermonate in der Druckluftaufbereitung beobachtet?

Oliver Kiehn: „Ab Mai/Juni und in den folgenden Sommermonaten können wir seit Jahren beobachten, wie sich das Klima unmittelbar in der Druckluftaufbereitung bemerkbar macht. Es sind hier meist die ersten wirklich warmen Tage, an denen es dann häufig auch zu starken Gewittern oder Regenfällen mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit kommt.

Genau dann fallen Geräte aus, die schon seit Jahren gute Dienste geleistet haben, jetzt aber den Anforderungen einfach nicht mehr standhalten können. Hier mal vier typische Situationen:

  • Die steigenden Temperaturen belasten insbesondere die Kältetrockner deutlich stärker. Oft kann dann der eingestellte Drucktaupunkt nicht mehr gehalten werden, was zu feuchterer Druckluft führt und Probleme in den verschiedenen Produktionsprozessen verursacht, wie Verklumpung und Korrosion. Besonders betroffen sind ältere Kältetrockner und solche, die nicht mit genug Reserve für steigende Temperaturen ausgelegt sind. Meist zeigen die Trockner 3° C Drucktaupunkt an, aber dies ist nur der SOLL-Wert. Tatsächlich verlässt die Druckluft den Trockner mit einem deutlich höherem Drucktaupunkt, also feuchterer Luft.
     
  • Die erhöhte Feuchtigkeit in der Atmosphäre wird durch funktionstüchtige Wasserabscheider und Trockner aus der Druckluft eliminiert, was dann zu einem Anstieg der Kondensatmenge führt. Dies passiert insbesondere an schwülen Tagen oder nach Gewittern und kann zu einer Überlastung der Kondensatableiter und Öl-Wasser-Trenner führen, die dann häufig überlaufen - und das Kondensat kann unaufbereitet ins Abwassersystem gelangen.
  • Saharastaub hinterlässt nicht nur auf den Autos hässliche Spuren, sondern belastet die Filter zusätzlich, was zu erhöhtem Differenzdruck und damit zu einem höheren Energiebedarf führt.
     
  • Mit steigenden Außentemperaturen steigt auch die Ansaugtemperatur des Kompressors, was wiederum zu einem Anstieg des Öldampfs in der Druckluft führen und damit Probleme in den Folgeprozessen verursachen kann.“
  • Herr Dames, mit Ihrer langjährigen Erfahrung, wie sehen Sie die Herausforderungen in der Auslegung von Kompressoren und anderen Komponenten für die Druckluftaufbereitung unter Berücksichtigung des Klimawandels?

Wolfgang Dames: „Schon bei der Auslegung der Kompressoren sowie der verschiedenen Komponenten für eine Druckluftaufbereitung werden zentrale Entscheidungen getroffen. Meist orientiert man sich hier an den 30 Jahre alten sogenannten „Standardwerten“ und bestimmten Klimazonen. Das funktioniert natürlich prima für Durchschnittstage. Aber wir merken ja, dass der Klimawandel sich insbesondere durch Extremwerte an einzelnen Tagen bemerkbar macht. Und genau dann reicht die Auslegung „nach Standard“ nicht mehr aus. Wenn dann auch noch weitere Effekte wie fehlende Wartung hinzukommen, fehlt nicht mehr viel bis zum Ausfall wichtiger Komponenten mit teilweise fatalen Folgen.“

  • Was empfehlen Sie, Herr Kiehn, Ihren Kunden, um solche unerwarteten Probleme zu vermeiden?

Oliver Kiehn: „Viele unserer Kunden sind Experten in ihren jeweiligen Gebieten aber nicht für Druckluftaufbereitung. Sie erwarten einfach, dass sie sich auf ihre Druckluftanlage verlassen können. Wir bieten ihnen deshalb einen genau auf diese Anforderungen abgestimmten 12-Punkte-Check, in dem wir mit unserer Expertise die wichtigsten Punkte prüfen und aussagekräftige Werte messen. Daraus können wir dann eine neutrale Risikoeinschätzung mit Empfehlungen ableiten. Dieses Angebot verstehen wir als Service für unsere Kunden und führen es kostenlos durch.“

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  • Herr Dames, BEKO TECHNOLOGIES ist aktiv in verschiedenen Arbeitskreisen wie dem VDMA. Werden dort die Standardanforderungen angesichts des Klimawandels neu bewertet?

Wolfgang Dames: „Diese Standardanforderungen stellen eher eine Orientierungshilfe bzw. Empfehlung für die Auslegung dar. Viel wichtiger ist es, wie die Anbieter damit arbeiten. Wenn man z.B. das günstigste Angebot abgeben will, legt man die Werte sehr großzügig aus. Häufig geht das auch lange Zeit gut, aber genau an solchen besonderen Tagen wie wir sie jetzt im Frühsommer wieder erleben, kann es eben nicht mehr reichen. Wenn Kunden Wert auf hohe Prozesssicherheit legen, wird man mit mehr Reserven auslegen und ggf. noch passende Messtechnik ergänzen, um jederzeit volle Transparenz über die aktuelle Situation zu haben und notfalls Alarm auslösen zu können. Andere Kunden haben primär ihre Energieeffizienz im Fokus um z.B. bis 2030 die CO2-Neutralität in ihrem Betrieb zu erreichen. Dann wird man sich genauer die eingesetzte Technologie ansehen und z.B. statt Kältetrocknern mit Kältemitteln auf besonders energieeffiziente Adsorptionstrockner ausweichen.“

  • Christina Büttner:  Vielen Dank, Herr Kiehn und Herr Dames, für diese aufschlussreichen Einblicke und Empfehlungen.